Im Wahlkampf fehlen die Landkreis-Themen

*Freitagmorgen:* Gastel steht am Infostand der SPD am Wochenmarkt in Burgkirchen und unterstützt den dortigen Ortsverein beim Wahlkampf.
Foto: Süß

07. Oktober 2023

SPD-Kandidat Jürgen Gastel bedauert, dass nur über Bundespolitik geredet wird – Dabei gibt es vor Ort viel zu tun

Burgkirchen

Vor allem über bundespolitische Themen wollen die Menschen reden, die zu den SPD-Infoständen kommen, sagt Jürgen Gastel. Oder sogar über gesamteuropäische Themen wie die Asylpolitik – also über Dinge, die am 8. Oktober überhaupt nicht zur Wahl stehen. Das findet der SPD-Direktkandidat für den Bayerischen Landtag schade – denn die Landes- und vor allem die kommunalen Themen fallen dadurch unter den Tisch, findet er. Die Themen, mit denen er bei den Wählerinnen und Wählern punkten möchte. Und manchmal würden die Sozialdemokraten an den Infoständen wegen bundespolitischer Themen dabei auch beschimpft und angefeindet.
Die CSU, so sagt Gastel, habe es eben verstanden, den Wahlkampf auf die Bundespolitik zu lenken, auf die Kritik an der Ampel-Koalition in Berlin. Was dahinter steckt? Sie wolle damit von ihrem eigenen Versagen in der Landespolitik ablenken, vom Lehrermangel beispielsweise, dem Mangel an Pflegekräften, davon, dass der Ausbau der Windenergie nur stockend vorankomme. Darin, dass die Union im Wahlkampf nicht über diese Themen sprechen wollen, sieht das Neuöttinger SPD-Urgestein Gastel ein Indiz dafür, dass die Landesregierung nach der Wahl dabei so weitermachen möchte wie bisher.

Damit sie die Gespräche wieder auf die kommunalen Themen lenken können, haben sich die Burgkirchner Genossen etwas einfallen lassen: Es gibt Umfragen. Mit kleinen roten Bällen, die sie in Plexiglasröhrchen werfen, können die Standbesucher ihre Meinung zu den kommunalen Themen kundtun. Diesmal lautet die Frage: „Wie einfach ist es in Burgkirchen, die Dinge des täglichen Bedarfs zu bekommen?“
„Die Landtagswahl ist eine Persönlichkeitswahl“, sagt Gastel. Und eine Vertrauenswahl. Er sage den Leuten, sie sollen nicht die Partei wählen, sondern die Person – ihn, Jürgen Gastel. Er bedauere, dass das Vertrauensverhältnis zwischen Politik und Wähler – aus verschiedenen Gründen – verloren gegangen sei. Dies sei ein langer Prozess gewesen, der sich zuletzt in der Corona-Zeit verfestigt habe. Insgesamt sei die Stimmung der Leute „miserabel“. Dabei sehe er sich, auch aufgrund seiner langen Zeit als Kommunalpolitiker mit mehr als 20 Jahren im Neuöttinger Stadtrat, als Ansprechpartner, an den sich die Bürger mit Problemen und Anliegen wenden können. So wie kürzlich ein elfjähriger Bub, der ihm – in Briefform– darum gebeten habe, dass er sich im Neuöttinger Gemeinderat dafür einsetzt, dass die Fußballtore am Bolzplatz neue Netze bekommen. Das habe ihn berührt, und selbstverständlich werde er sich dafür stark machen.
Für ihn stehen im Wahlkampf die Landkreis-Themen an erster Stelle, sagt Gastel – und dabei zuvorderst der Erhalt der hochwertigen Arbeitsplätze. Dass die Leute dort über Bundespolitik sprechen wollten, zeige auch, dass viele noch gar nicht realisiert hätten, welche schwerwiegenden Folgen der Weggang von Dyneon für den Standort Burgkirchen und den Landkreis haben werde, mit dem Verlust vieler Arbeitsplätze. Doch auch die andere Seite kommt ihm im Wahlkampf bisher zu kurz: die Auswirkungen der chemischen Industrie auf die Umwelt. Das Thema „sauberes Trinkwasser“. Die Problematik beim Ausweisen von Baugebieten angesichts der Belastung von Böden mit PFAS. Und insgesamt das Thema Nachhaltigkeit.
Letzteres sei ihm im Laufe der Jahre immer wichtiger geworden, in einer Art Reifungsprozess, sagt der 61-Jährige. Und er sieht es exemplarisch dafür, dass man bei vielen politischen Themen auf kommunaler Ebene anfangen kann. Dort könne man etwa steuern und entscheiden, wo noch Photovoltaikanlagen platziert werden können. Ob dafür Freiflächen-PV-Anlagen notwendig sind, wo es doch noch viele freie Dächer gibt, zum Beispiel. Oder ob es sinnvoll ist, Flächen mit Gewerbegebieten zu versiegeln, die nur der Lagerhaltung dienen, aber kaum Arbeitsplätze vor Ort schaffen. Zur Nachhaltigkeit gehöre aber auch, nicht nur zu überlegen, wo Energie erzeugt wird – sondern auch, „wo kann ich Energie sparen“.
Dies seien die Themen, bei, denen man tatsächlich auf kommunaler, Kreis- oder Landesebene handeln könne, und sie seien „absolut wichtig“, so Gastel. Über diese Themen möchte er sich unterhalten, wenn er – wie unlängst am Wochenmarkt in Burgkirchen – das Gespräch mit den Bürgern sucht. Oft muss man diesen dabei aber auch einfach zuhören können, weiß er. − smi

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