„Industriestandort sichern“

Foto: Rath

04. Dezember 2023

Podiumsdiskussion im Museum – Hohe Energiekosten weiter problematisch

Neuötting. „Wie verändert die Energiewende den Industriestandort und die Arbeitsplätze?“
Diese Frage stand im Mittelpunkt der Diskussion, zu der die Arbeitsgemeinschaft für Arbeit der SPD (AfA) geladen hatte. Dazu hatte sich eine hochkarätig besetzte Runde im Museum Neuötting eingefunden.

Stefan Bonauer, stellvertretender Kreisvorsitzender der SPD Altötting, leitete die Diskussion souverän.
Auf dem Podium saßen Dr. Markus Born, Sprecher des VCI Bayern (Verband der Chemischen Industrie) und dort mit der Energiepolitik betraut, sowie Dr. Bernhard Langhammer, 14 Jahre lang Leiter des Industrieparks Gendorf und nun Vorsitzender der Interessensgemeinschaft „ChemDelta Bavaria“. Beide fungierten als Repräsentanten der Industrie respektive der Arbeitgeber.

Die Politik vertraten Florian Schneider, Bürgermeister der Stadt Burghausen, und Jürgen Fernengel, Sprecher der Münchner SPD zur Klimapolitik und stellvertretender Vorsitzender der AfA Oberbayern.

Die Interessen der Arbeitnehmer nahmen Peter Engel, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender der Firma Dyneon, und Günter Zellner, oberbayerischer DGB-Geschäftsführer wahr.

Markus Born eröffnete die Runde mit einem Impulsreferat: „Der Hauptanteil der Arbeit an der in Bayern bis 2040 angestrebten Klimaneutralität muss in der Politik erfolgen. Das derzeitige Hauptproblem der Industrie sind die hohen Energiepreise, wobei ergänzend anzufügen ist, dass Energie in Deutschland noch nie billig gewesen ist“, sagte Born. Und weiter: „Drei zu erreichende Punkte halte ich für wichtig: Energieeffizienz – was macht eine Sache gut, ist damit gemeint. Energieeffektivität – man verwendet die guten Sachen. Und drittens: Man muss sich selbst um erneuerbare Energien kümmern, in dem man zum Beispiel eine PV-Anlage auf das Firmendach oder sich an einem Windpark beteiligt.“ Bis Wasserstoff in der Industrie vernünftig einsetzbar sei, werde es noch eine Weile dauern. „Nach meiner Meinung wäre es das Wichtigste, den Energiepreis für die Industrie zu senken. Das ist die Aufgabe der Politik, denn sonst wird Deutschland seine Wettbewerbsfähigkeit verlieren.“

Damit, nämlich mit der Abwanderung der chemischen Industrie aus Deutschland um wettbewerbsfähig zu bleiben, beschäftigte sich Moderator Bonauers erste Fragerunde.
Markus Born sprach dabei ein massives Ansteigen des Strombedarfs in der Industrie an und damit auch ein Ansteigen der Preise. Günter Zellner erklärte, er beobachte den Strompreisanstieg schon länger: „Für mich ist es wichtig, den Industriestandort Deutschland zu sichern. Dafür braucht es ein klares Bekenntnis aller Parteien.“ Jürgen Fernengel schlug eine Entlastung der Industrie bei Energie- und Stromsteuer vor. Er hält einen Energiepreis von fünf Cent pro Kilowattstunde für so realisierbar.

Bernhard Langhammer zitierte die Wirtschaftsweisen, die betonten, dass die Produktion von energieintensiven Produkten wie Stahl, Keramik oder Beton in Europa nicht zu halten sei. Markus Born ergänzte hier: „Sie wird dann in Länder wie China oder Indien ausgelagert, dort produziert sie mit der Energie aus Kohlekraftwerken, was schlecht ist für die CO2-Bilanz der Erde.“

Peter Engel als Betriebsrat hält den Verlust von deutschen Arbeitsplätzen für bedenklich: „Wenn Dyneon mit 700 Beschäftigten den Industriepark in Gendorf verlässt, kann dies wie beim Domino weitere Arbeitsplatzverluste nach sich ziehen.“

Direkt an Florian Schneider richtete sich die Frage, was es für eine Kommune bedeute, Industrie-Kommune zu sein. Darauf der Rathauschef: „Wir stehen vor großen Herausforderungen, ein Umdenken ist gefordert, was aber keine Verschlechterung bedeuten muss. Dem Landkreis geht es gut, wenn es der Industrie und den Menschen gut geht.“

Ein Zuhörer wollte wissen, wie ein Strompreis von vier Cent pro Kilowattstunde zu erreichen sei. Dabei waren sich alle einig, dass man auf erneuerbare Energien setzen müsse und es schlecht sei, Energie zu importieren. Bernhard Langhammer sagte: „Man muss eine Energieform finden, die uns nicht umbringt und jederzeit zur Verfügung steht.“

Als Fazit erklärte Markus Born, er sehe in Deutschland einen gesellschaftlichen Konsens gegeben, damit sei die Klimaneutralität zu schaffen. Bernhard Langhammer kritisierte das Tempo, in dem zukunftsweisende Entscheidungen getroffen werden, als zu langsam. Florian Schneider glaubt: „Wir besitzen viele erneuerbare Energien, damit können wir den Strompreis in den Griff bekommen.“ Jürgen Fernengel verlangte Energiepreise, die von der Industrie zu bezahlen sind. Peter Engel dazu: „Investitionen kommen nicht so wie früher. Dem amerikanischen Mutterkonzern 3M erscheint Deutschland zu unsicher.“
Günter Zellner forderte, die Entwicklung vor Ort voranzutreiben. Ein Ansatz „von unten nach oben“ wäre ein innovativer Ansatz für Bayern.
−hra

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